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Donnerstag, 8. November 2012

China vs USA: Diktatur vs Demokratie?

Ich stehe Chinas halber Anerkennung der Menschenrechte unter Weglassung der bürgerlichen Rechte ebenso kritisch gegenüber wie der Anerkennung der bürgerlichen und politischen Rechte durch die USA unter Verweigerung der Ratifizierung der restlichen Menschenrechte, insbesondere der auf Nahrung, Gesundheit, Kleidung, Unterkunft durch die USA. So wie ich die olympischen Spiele in China boykottiert habe, weigere ich mich, eine Urlaubsreise in die USA zu machen. Und doch kommen sich die Systeme immer näher. Während die USA mit dem Patriot Act die wichtigsten Teile von Bürgerrechten außer Kraft setzte, sieht man in China immer öfter Populismus agieren, vielleicht als Vorstufe zu einer größeren Mitbestimmung der Massen? Aber braucht es die überhaupt? Der Artikel „Kritische Massen“ von Sepp Aigner (1) erinnerte mich an eigene Erfahrungen.


Aigner vergleicht den Wahlzirkus in den USA mit seinen zweifelhaften Ausprägungen und Ergebnissen und dem anschließenden Berufen auf “Sachzwänge” mit der pragmatisch an die Wünsche der Menschen angepassten diktatorischen Politik Chinas. Und er vergleicht die Ergebnisse für die Menschen. Hier das einstmals reichste Land der Welt, in dem immer mehr Menschen von Almosen leben müssen, mit stagnierendem bis sinkenden Einkommen der Massen, dort das einst ärmste Land der Welt mit explodierendem Durchschnittseinkommen und bis 2020 wieder verdoppelten Lebensstandard.

DIE SÜSSE VERFÜHRUNG DES ERFOLGES

Das ist ein gefährlicher Vergleich, der insgeheim von Chinas Diplomaten längst in die Welt hinaus bekannt gemacht wird, besonders in den Schwellenländern, in Südostasien und Afrika. Werbung für eine neue Aristokratie, die das Beste für das Land tut und erreicht, an Stelle der „Schwarmintelligenz“ oder der Demokratie. Und gerade unter Intellektuellen in vielen Ländern Asiens finden sich zunehmend Anhänger des „chinesischen Weges“. Eine Gefahr für die Errungenschaften der europäischen Aufklärung, die wir nicht unterschätzen sollten.

Denn auch bei uns zeigt sich immer mehr ein Trend zu Zentralismus, Technokratie und Entscheidungen ohne demokratische Legitimation ab. Immer mit dem Finger auf die USA als Zentralstaat oder China als erfolgreiches Wirtschaftsmodell zeigend.

Aber ich wage die These, dass China und z.B. Vietnam heute näher an einer Beteiligung der Volksmeinung an der Regierungsführung sind, als die USA oder auch Europa. Als Hinweis darauf will ich ein persönliches Erlebnis schildern, das ich vor einigen Jahren in Vietnam hatte:

CHINA, VIETNAM, NÄHER AM VOLKSWILLEN ALS USA, EU?

Vor einigen Jahren tingelte ich im Auftrag der UN durch Vietnam um Seminare für junge Unternehmungen zu organisieren, die ihre Produkte in den Westen verkaufen wollten. Wie man das so macht, war es eine Mischung aus Erklärung von Werkzeugen und Workshops, in denen die Teilnehmer lernen sollten, selbst ihre Probleme mit Hilfe der Werkzeuge und eines Moderators zu lösen. Nach dem ersten Seminar kam nun der Polit-Offizier, der mich bei meiner Arbeit dezent überwachte, zu mir, und er erklärte, dass das so nicht gehe. Der Vertreter des Sponsors des Projekts, ein schweizerischer NGO, drängte mich, auf die Forderung einzugehen. Gewünscht war, dass die Teilnehmer ihre Probleme vortrugen, und dass ich die Problemlösung erklärte. Das Honorar für das Seminar war zwar nicht schlecht, aber nicht hoch genug, um mich zu korrumpieren, und so weigerte ich mich, ohne das aber ausdrücklich zu sagen.

Am nächsten Tag wieder ein Seminar. Aus den Augenwinkeln sah ich den Polit-Offizier vor Wut mit versteinertem Gesicht sitzen und immer wieder den Saal verlassend. Dann das Abschlussgespräch. Die Teilnehmer sollten ihre Wünsche, Eindrücke und Urteile abgeben. Und da stand einer auf und erklärte, dass ihm besonders gut gefallen hätte, dass ich nicht erklärte hätte, was man tun müsse, sondern dass die Teilnehmer selbst diejenigen gewesen wären, die Lösungen erarbeitet hätten. Und nun wüssten, wie sie zukünftig ihre Probleme angehen könnten.

Darauf verabschiedete der Politoffizier die Teilnehmer und „freute sich, dass das von der Partei entwickelte Programm“ so zufriedenstellend aufgenommen wurde. … In vielen Gesprächen mit größtenteils jungen Vietnamesen erhielt ich dann auch den Eindruck, dass sich niemand wirklich um Bürgerrechte oder politische Rechte kümmerte. Die Menschen waren alleine daran interessiert, dass die Regierung ihnen die Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Entwicklung bot, und Steine aus dem Weg räumte. „So lange sie uns die Wirtschaft aufbauen lassen und gemäßigt regulierend eingreifen, können sie ansonsten tun was sie wollen,“ sagte mir ein junger Ingenieur, den ich mehrmals auch zu persönlichen Gesprächen traf. „Aber wehe, sie fangen wieder an, das Land von der Welt abzuriegeln“. Was er damit meinte ließ er offen.

Mein ganz eindeutiger Eindruck war, dass das Regime in Hanoi sein Ohr sehr wohl am Puls der Menschen hatte, und vielleicht stärker versuchte den Erwartungen der Menschen des Landes nach zu kommen, als das derzeit die technokratischen Bankmanager in Europa versuchen. Natürlich hörten wir hier immer wieder von Verhaftungen, Blogger die in Vietnam vor Gericht kamen, usw. Aber kein einziger meiner Gesprächspartner hatte im Vier-Augen-Gespräch ein Mehrparteiensystem oder mehr Mitbestimmung gefordert. Einzig die Korruption war ein stetiges Klagethema. Und das scheint in letzter Zeit auch das Regime erkannt zu haben.

FAZIT


Wenn man erkennt, dass die westlichen Medien ganz eindeutig zu Propagandamedien des westlichen „Way of Governance“ geworden sind, ganz eindeutig wirtschaftlichen Interessen untergeordnet sind und in keiner Weise „objektiv“ informieren, und sich dann an solche persönlichen Erfahrungen erinnert, dann sieht man viele Berichte plötzlich mit anderen Augen. Man kann man zu dieser Ansicht kommen: Die kommunistischen Diktaturen Chinas und Vietnams als Beispiel, sind stärker populistische Umsetzer von Volkswillen als die westlichen kapitalistischen Demokratien.

Das heißt nicht, dass ich unter einer kommunistischen Diktatur leben möchte. Vielmehr glaube ich, dass es dort genauso eine Minderheit gibt, die gegen die Diktatur der neuen Form von Aristokratie aufbegehrt, wie hier im Westen eine kleine Gruppe der Bevölkerung gegen die Ignoranz der Mächtigen und Reichen kämpft. Die Frage ist, wer eher in der Lage sein wird, die Mehrheit der Bevölkerung davon zu überzeugen, dass es an der Zeit ist, das Schicksal selbst direkter mit zu bestimmen.

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(1) http://kritische-massen.over-blog.de/article-demokratie-im-westen-diktatur-in-der-vr-china-112241683.html

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