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Montag, 13. April 2015

Israels Strategie:Teile + Herrsche

Quelle: www.antiwar.com
Wie ich bereits am 1.4. auf diesem Blog schrieb, wurde bisher, entgegen den Verkündigungen aller Parteien, keine Übereinkunft in den Atomverhandlungen gefunden. Knackpunkt ist, dass die USA nicht bereit ist, die Sanktionen mit der Erfüllung des Vertrages aufzuheben. Vielmehr verlangt man eine schriftliche Bestätigung der Atomenergie-Kommission. Einer privaten, überstaatlichen Organisation, in der die USA großen Einfluss ausüben. Deren Bestätigung aber Jahre dauern kann. Außerdem gibt es starke Kräfte in den USA, die selbst diese Vereinbarung strikt ablehnen. Trotzdem haben alle Vertragspartner so getan, als ob es eine Vereinbarung gäbe. Und nun will Russland sogar S300 Flugabwehrsysteme in den Iran liefern, wodurch es für Aggressoren schwieriger wird, Luftschläge gegen das Land zu führen. Russland tat das nicht weil die Verträge sicher sind, sondern weil sie UNSICHER sind, um die Schwelle zum Eintritt eines Krieges gegen den Iran anzuheben. Entscheidend für diese Einschätzung ist dabei die Strategie Israels. Und die erklärt Justin Raimondo am 13. April in Antiwar.com, hier in Deutsch.

"Während die Israel-Lobby die US-Medien mit Propaganda eindeckt, mit der Behauptung, dass man dem Iran nicht trauen könnte, und das unter keinen vertraglichen Bedingungen, die seine nuklearen Fähigkeiten, seine Forschung und Entwicklung beschränken, weiß es Bibi, zurück in Tel Aviv, und seine Regierung, besser. Die Zeitung Haa'retz berichtet:
'Premierminister Benjamin Netanyahu sagte bei einer kürzlich stattgefundenen Sitzung des Sicherheits-Kabinetts, dass, falls ein umfassender Nuklear-Vertrag zwischen dem Iran und den sechs Weltmächten tatsächlich am 30. Juni unterzeichnet werden sollte, ist die größte Sorge, dass Teheran die Bedingungen vollumfänglich erfüllen würde, sagten zwei hohe israelische Beamte.'
Das Problem für die Israelis ist nicht, dass man den Iranern nicht trauen kann, die Vereinbarung einzuhalten. Das Gegenteil ist der Fall:
'Den Aussagen von zwei hohen Beamten zufolge, sagte Netanyahu während des Treffens, dass er fürchten würde, dass die Iraner sich buchstabengetreu an den Vertrag halten würden, falls dieser Ende Juni unterzeichnet werden würde.. Ein Beamter fügte hinzu: 'Netanyahu sagte bei dem Treffen, dass es unmöglich wäre, die Iraner beim Betrügen zu erwischen, einfach weil sie nicht betrügen würden.'
Also Moment mal, was ist mit dem so laut heraus posaunten zweiten Holocaust, der mit Sicherheit stattfinden würde, falls unser Präsident, der insgeheim ein Muslim ist, damit durchkommt, die Vereinbarung durch den ihm feindlich gesonnenen Kongress zu bekommen? Was ist mit dem Nörgeln und Zähne knirschen wegen der "existentiellen Bedrohung" die angeblich über Israel, wie ein Damoklesschwert, hängen würde?
Netanyahu vor der UNO 2012
 Bibi hat uns immer gesagt, dass der Iran kurz davor wäre, ein nukleares Arsenal herzustellen, das Israel zerstören würde. Das erzählte er während er letzten 10 Jahre: In fünf Jahren, in drei Jahren, in ein paar Monaten - die existentielle Bedrohung ist ewig kurz vor ihrer Vollendung. Aber es hatte niemals stattgefunden, vielleicht weil Teheran gar keine Absicht hat, die internationale Gemeinschaft so zu provozieren. Bibi hat jedoch in einem Punkt recht: Auf Grund seiner Ressourcen, könnte der Iran tatsächlich genug spaltbares Material produzieren, um eine Bombe in ein paar Monaten, höchstens sechs, zu produzieren - auch wenn die Messlatte für eine so genannte "Durchbruchzeit" höchst problematisch ist.
Wie es auch sein mag, es geht nicht um die Atomwaffen. Die Iraner wissen, dass sie vom Westen vernichtet werden würde, und darüber hinaus hat der Oberste Geistliche eine Fatwa, ein religiöses Verbot, ausgesprochen, Atomwaffen zu produzieren. Der ganze Vorwurf war von Anfang an ein Schwindel, ein noch größerer Schwindel als die "Massenvernichtungsmittel" die der Irak angeblich haben sollte. Die wahre Sorge ist die schiere Existenz des Iran, seine Größe, seine Ressourcen, seine Position als Epizentrum der schiitischen Religion der Region.

Konfrontiert mit muslimischen Nachbarn, die vereint waren in ihrer Feindschaft gegenüber dem jüdischen Staat, war die Strategie Tel-Avivis immer "Teile und herrsche". Und die logische Folge ist die Förderung der historischen Spaltung in Sunniten und Schiiten. Zu Beginn gelang es Israel, Gruppen wie die Hamas aufzupäppeln und zu unterstützten, gegen die relativ säkulare PLO (Palästinensische Befreiungsfront). Israel tolerierte die Hamas, ja sie unterstützte sie sogar, um ein Gegengewicht gegen Jassir Arafat zu schaffen. Dann erschlossen sich neue Möglichkeiten, mit dem Aufkommen des religiösen Fundamentalismus, in der muslimischen Welt.

Säkularer Widerstand, gegen die Dominanz Israels, war aus dem Weg geräumt, indem die PLO domestiziert wurde, Saddam Hussein vernichtet, und Syriens Baath Regierung mit dem Rücken gegen die Wand gedrängt worden war, als Israel eine Kehrtwende machte, und eine Allianz mit Saudi Arabien und den Golfstaaten gegen den Hauptfeind, Teheran, schloss. Das ist der Grund für die taktische Unterstützung Israels von Syriens "moderaten" islamistischen Rebellen, die von den Saudis und den Golf-Emiraten finanziert werden. Bei ihren Lobby-Anstrengungen, waren die Israel-Befürworter in den USA, an der Spitze der Befürworter des Projektes, "finanziere die Rebellen". Und als Al-Kaida eine Niederlassung direkt neben Israel aufbaute, zeigte das, wie gering die Abneigung war, wie sehr sich Israel damit arrangieren konnte. Statt die Terroristen auf der anderen Seite der Grenze zu bekämpfen, schauen sie zu, wie diese die syrische Armee bekämpfen.
[Anmerkung: Israel sieht nicht zu, sondern hat schon ca. ein Dutzend, die Terroristen unterstützenden Luftangriffe geflogen. Der letzte, Aufsehen erregende Angriff, tötete einen führenden Offizier der iranischen Armee, der als Berater der syrischen Regierung im Kampf gegen Al-Kaida agierte.]
Aber das wahre Schlachtfeld liegt hier in den Vereinigten Staaten, wo der Kongress seit langer Zeit, ein "durch Israel besetztes Land" ist, wie es Pat Buchanan treffend ausdrückte. Netanyahus Rede vor dem Kongress war nur der Eröffnungsknall: Die israelischen Lobbyanstrengungen fokussieren sich darauf, eine Mehrheit zusammen zu bringen, die auch gegen eine präsidiales Veto, den "Iran Nuclear Greement Review Act" durchsetzt. Ein Gesetz, das die Vereinbarung effektiv verhindert, indem es eine "Überprüfung durch den Kongress" durchsetzt. Das Corker-Gesetz, das auch unter Demokraten einige Unterstützer gefunden hat, verbietet nicht nur die Aufhebung der Sanktionen für 60 Jahre, sondern gibt dem Senat und Auswärtigen Ausschuss, de facto ein Veto-Recht, über die Vereinbarung mit dem Iran. Mindestens 50 Änderungen stehen jetzt zur Diskussion an, und das Gesetz soll noch vor Dienstag, vor den Auswärtigen Ausschuss kommen.

Die Politik in dieser Angelegenheit ist faszinierend. 61% der US-Amerikaner unterstützen eine Vereinbarung mit dem Iran ... aber eine andere Umfrage sagte, dass nur 31% dafür, und 30% dagegen sind, der Rest wäre unsicher. Aber die Republikaner wollen die Präsidentschaft - weshalb alle ihrer Kandidaten auf den Corker-Wagen aufgesprungen sind - sie kümmern sich nicht um die Zahlen. Alles was sie interessiert, ist, dass die großen Spender der Vereinbarung negativ gegenüber stehen. Falls sie sich also wundern, warum angehende Präsidentschaftskandidaten die Spaltung der eigenen Partei in dieser Angelegenheit ignorieren, dann hat das alles mit Geld zu tun.

Auf der Seite der Demokraten ist die Unterstützung der Wähler für einen Vertrag mit dem Iran überwältigend. Und doch trat der demokratische Vorsitzende des Senats, Chuck Schumer, gegen die Vereinbarung auf. Schumer ist schon lange ein Grundpfeiler der Israel-Lobby, und seine Unterstützung für Corker signalisiert den Demokraten, dass die Opposition gegen das Weiße Haus in dieser Angelegenheit, jetzt akzeptabel geworden ist. Der Schumer-Trick unterstreicht das Dilemma der demokratischen Führung, die dem eigenen Präsidenten eine Grube schaufeln. Oder, wie Greg Rosenbaum, Vorsitzender des National Jewish Democratic Council es ausdrückt:
'Die republikanische partei, angeführt durch eine republikanisch jüdische Koalition, hat sich entschlossen, dass der einzige Weg, mit dem sie jüdische Wähler gewinnen kann, der ist, Israel zu einer Sache der Partei zu machen. Und indem sie Israel zu einer politischen Angelegenheit machen, untergraben sie die von beiden Parteien gestützte Unterstützung für die Beziehung der USA mit Israel.'
Rosenbaums Problem ist jedoch, dass Netanyahu Israel eine offene Herzensangelegenheit für die Präsidentschaftskandidaten gemacht hat. Die Rede Bibis, die hinter dem Rücken des Präsidenten arrangiert worden war, ist nur das jüngste Kapitel einer lange währenden Geschichte: Der israelische Ministerpräsident machte keinen Hehl für seine Unterstützung von Mitt Romney im Jahr 2012. Sowohl Mitch McConnell als auch John Boehner reisten nach Israel, als die Verhandlungen in Lausanne vereinbart wurden - vermutlich um ihre Marschbefehle abzuholen.

Es ist schon ein außerordentlicher Anblick: die zwei Anführer der wichtigsten Parteien treten gemeinsam mit einer ausländischen Regierung auf, um die internationale Politik des derzeitigen Präsidenten zu unterminieren.

Die israelische Strategie: "Teile und herrsche" wirkte sowohl im Mittleren Osten als auch hier in den USA. Sunniten gegen Schiiten aufzuhetzen, und Republikaner gegen Demokraten, Tel Aviv bricht aus der geographischen Einkreisung aus, unter der sie so lange gelitten hatte, und ist sehr wohl auf seinem Weg, den alten zionistischen Traum eines "Groß-Israels" zu verwirklichen. Mit Hillary Clinton, die immer schon stärker pro-israelisch, als Präsident Obama eingestellt war, und die wohl die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten sein wird, und in Hinsicht auf den Einfluss auf die anderen Präsidentschaftskandidaten, wird die Aussicht auf Frieden mit dem Iran jeden Tag kleiner und kleiner.

Die Ironie ist, dass das amerikanische Volk den Iran-Deal unterstützt, aber das zählt überhaupt nicht. Die Israelis konzentrieren ihren Einfluss auf diejenigen, die zählen, die politische Klasse, die in Washington D.C. und in New York residiert. Und das ist das dritte Element von Tel-Avivs "Teile und herrsche"-Strategie: Die Spaltung zwischen den Politikern und den Menschen, die sie theoretisch wählen."
(Verlinkungen zu weiter führenden Informationen auf der Seite von Antiwar.com)

Nun werden Sie sich fragen, warum alle Medien so positiv und zum Teil euphorisch über Lausanne berichteten. Warum insbesondere Russland immer davon ausging, dass es ein Deal wäre. Der Grund liegt auf der Hand. Alle Länder fürchten ein Scheitern, dass höchstwahrscheinlich Krieg bedeutet, angesichts der Haltung der Falken in den USA. Jeder hofft auf eine Rettung, ein Wunder in letzter Minute. Nur Russland denkt weiter, und versucht die Hürde für einen Krieg gegen den Iran zu erhöhen, indem es S300 Luftabwehrraketen schicken will. Kein unüberwindbares, wie die S400, aber das Risiko für Angreife erheblich erhöhendes, Hindernis.

Meine Voraussage ist, dass die Verhandlungen am 30. Juni um einen Monat verlängert werden. Und dass im Juli der Iran dann möglicherweise in die BRICS-Staatengemeinschaft, und/oder das Verteidigungsbündnis SCO (Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit), aufgenommen wird. Dadurch würde das Risiko für einen Angreifer noch höher, aber gleichzeitig das Risiko für einen weltumspannenden Krieg ebenso.

Offenbar hoffen immer mehr Länder, dass eine starke militärische Gegenmacht zur USA, wie es die Sowjetunion einmal war, die USA und NATO davon abschrecken wird, den großen Krieg anzufachen. Abschreckung, wie sie während des Kalten Krieges ja erstaunlich gut funktioniert hatte. Denn im Juli stehen die Aufnahmen gleich mehrerer Kandidaten in den genannten Organisationen an.

Die nächsten drei Monate werden dramatisch. Denn gleich drei Brandherde drohen aus dem Ruder zu laufen: Israel-Iran-Krise, der Krieg gegen Syrien, und der Bürgerkrieg in der Ukraine. Noch nie standen wir so nahe am Abgrund.

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